Bereits an anderer Stelle haben wir in unserem Blog das Problem behandelt, unter welchen Umständen letztwillige Verfügungen zugunsten von Hilfspersonen des Erblassers aufgrund des Vorliegens eines körperlichen bzw. sozialen Abhängigkeitsverhältnisses die Anerkennung versagt werden sollte. Gesetzlich geregelt sind derartige Verbotsvorschriften für Zuwendungen zugunsten von Heimen oder Heimmitarbeitern bzw. anderen Leistungserbringern von stationären Betreuungsleistungen (§ 14 HeimG bzw. § 7 Wohn- und Teilhabegesetz NRW) sowie ein Entgegennahmeverbot für Zuwendungen zugunsten von gesetzlichen Betreuern (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BtOG).
Übertragbarkeit auf Zuwendungen zugunsten der Ärzteschaft?
Eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt (Beschl. v. 21.12.2023 – 21 W 91/23) beleuchtet nunmehr die Frage, ob auch testamentarische Verfügungen zugunsten eines behandelnden Arztes wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig sein können (§ 134 BGB). Die Erblasserin hatte in dem Testament ihren Hausarzt zu 20 % als Erben eingesetzt. Dieser hatte auf dem Testament die Testierfähigkeit der Erblasserin bestätigt.
Im folgenden Erbscheinsverfahren war streitig, ob die Erbeinsetzung des Arztes wegen Verstoßes gegen § 32 I der Berufsordnung für Ärzte in Hessen gemäß § 134 BGB unwirksam gewesen ist. Nach der Berufsordnung ist es „Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten (…) Geschenke oder andere Vorteile (…) sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird“.
Keine Einschränkung der Testierfreiheit durch Verstoß gegen Berufsordnung
Das Gericht konnte im zu entscheidenden Fall dahinstehen lassen, ob die Zuwendung geeignet war, den Eindruck zu erwecken, die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung sei beeinflusst worden. Denn ein Verstoß des Arztes gegen die Berufsordnung würde nicht zur Nichtigkeit des Testaments führen. § 32 BO-Ä könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass dieses ein auch an den Testierenden gerichtetes Testierverbot enthalte. Insoweit besteht auch keine Vergleichbarkeit mit den Regelungen in § 14 HeimG aF bzw. § 6 HBPG, von deren Schutzzweck auch die Testierenden erfasst würden und insoweit Adressat der Regelungen seien. Eine Berufsordnung sei dagegen nicht geeignet, einen Eingriff in die Testierfreiheit außenstehender Dritter zu begründen.
Keine Sittenwidrigkeit
Schließlich verneint der Senat auch eine Sittenwidrigkeit der testamentarische Erbeinsetzung. Hierfür reiche ein etwaiges standeswidriges Verhalten des Arztes nicht aus. Es bestünden nämlich darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Begünstigte eine Zwangslage, die Unerfahrenheit oder eine Willensschwäche der Erblasserin ausgenutzt und diese zu der entsprechenden Testierung veranlasst habe.
Fazit
Bei einer letztwilligen Verfügung zugunsten von Hilfspersonen ist durch den Notar auch immer über gesetzliche Verbotsvorschriften aufzuklären. Wird der Beurkundungsauftrag darüber hinaus von der begünstigten Hilfsperson vermittelt, hat der Notar bei der Ermittlung der Testierfähigkeit, die er in der Niederschrift feststellen muss (§ 28 BeurkG), besondere Sorgfalt an den Tag zu legen.
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