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Keine Spekulationsteuer nach Veräußerung eines Nachlassgrundstücks bei vorangegangenem Erwerb sämtlicher Miterbenanteile

Ein Dauerbrenner in unseren Blog sind neue Entwicklungen in Bezug auf die Spekulationsbesteuerung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also von solchen Gewinnen, die im Rahmen von Immobilienverkäufen innerhalb der Haltefrist realisiert wurden. Im Hinblick auf die hohe praktische Relevanz bekommt die Finanzgerichtsbarkeit diesbezüglich immer wieder Gelegenheit, zu streitigen Rechtsfragen Stellung zu beziehen. Jüngst hat hier der BFH ein viel beachtetes Urteil (Urt. v. 26.9.2023 – IX R 13/22) zum Grundsatz der Nämlichkeit bei der Beurteilung einer Anschaffung im Sinne von § 23 EStG gefällt.

Erwerb von Miterbenanteile als Anschaffung von Grundbesitz?

Der Kläger war zu 52 % Erbe seiner Ehefrau. Nacherben waren die beiden Kinder der Erblasserin, die auch zu jeweils 24 % zu direkten Erben berufen waren. Später erwarb der Kläger entgeltlich sowohl das Nacherbenanwartschaftsrecht, als auch die Miterbenanteile der beiden Kinder. Wenige Monate später veräußerte er ein Nachlassgrundstück. Das Finanzamt nahm durch den Erwerb der Erbanteile eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes an und besteuerte Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.

Erfordernis der Nämlichkeit

Dieser Auffassung widersprach nun der BFH unter Aufgabe seiner zuvor abweichenden Rechtsprechung. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 23 EStG sollten innerhalb von 10 Jahren realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden. Daraus ergebe sich das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und innerhalb der Haltefristen veräußertem Wirtschaftsgut. Im Grundsatz führte der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer gesamthänderischen Beteiligung wie einer Erbengemeinschaft nicht zur (anteiligen) Anschaffung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Eine gesamthänderische Beteiligung sei eben kein Grundstück.

Nichtanwendbarkeit steuerrechtlicher Zurrechnungsvorschriften

Fraglich war daher allein, ob über ein anderes Ergebnis über steuerrechtliche Zurrechnungsregelungen erreicht werden konnte.

Eine Zurechnung des der Erbengemeinschaft zustehenden Grundstücks an die Erben als Gesamthänder über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO lehnten die Bundesrichter dabei ab. Eine anteilige Zurechnung im Sinne dieser Vorschrift sei im Rahmen des § 23 Abs. 1 S. 1 EStG nur erforderlich, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungstatbestand erfülle, nicht jedoch bei Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgängen, die – wie hier – von einzelnen Gesellschaftern oder Gemeinschaftern verwirklicht würden.

Auch aus § 23 Abs. 1 S. 4 EStG ergebe sich nichts anderes. Die Vorschrift erfasse nach ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut nur Beteiligungen an Personengesellschaften. Dies schließe eine Anwendung der Regelung auf Erbengemeinschaften aus, da diese nicht zu den Personengesellschaften zählten. Eine entsprechende Anwendung scheitere am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke.

Fazit

Bei zukünftigen Nachlassauseinandersetzungen wird zu berücksichtigen sein, dass der Erbanteilskauf, anders als die klassische entgeltliche Erbauseinandersetzung, zu keiner Anschaffung des Grundstücks im Sinne des § 23 EStG führt und daher eine Veräußerung innerhalb der Haltefrist ohne Gewinnbesteuerung ermöglicht. Nach den vom BFH aufgestellten Grundsätzen dürfte auch in dem Fall, in dem der Miterbe in Erbengemeinschaft eine Immobilie erbt, für die noch die Zehnjahresfrist läuft und er dann innerhalb dieser Haltefrist seinen Miterbenanteil an einen Miterben verkauft, keine Spekulationsfrist auslösen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

8 Mrz, 2024

Dr. Hannes Klühs, Notar in Düsseldorf

Nach Studium und Referendariat in Frankfurt am Main arbeitete ich in den Jahren 2004 bis 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bank- und Kapitalmarktrecht der J.W.G.-Universität in Frankfurt am Main für Prof. Dr. Dr. h.c. Theodor Baums sowie am Institute for Law and Finance (ILF). Im Jahr 2006 wurde mir für meine Dissertation der Doktorgrad der Universität Leipzig verliehen. Während meines Notaranwärterdienstes war ich in meinen heutigen Amtsräumen bei den Notaren Dr. Jörg Tröder und Johanna Brücker in Düsseldorf tätig und ab dem Jahr 2009 als Referent an das Deutschen Notarinstitut in Würzburg (DNotI) abgeordnet. 2013 wurde ich zum Notar auf Lebenszeit in Düsseldorf bestellt. In 2019 begründete ich mit Notarin Johanna Brücker die Sozietät brücker & klühs, notare in Düsseldorf. Seit ihrer Verabschiedung in den Ruhestand im Jahr 2024 führe ich das Notariat als ihr Amtsnachfolger alleine fort. Ich verwahre darüber hinaus die Akten verschiedener anderer Notare. Eine Liste finden Sie hier.