Auch wenn Vereinbarungen einer notariellen Beurkundung bedürfen und die Beurkundungsgebühr regelmäßig auch die Erstellung des Urkundsentwurfs abdeckt, ist es in der Praxis immer wieder zu beobachten, dass Dritte als Berater mit der Entwurfsfertigung beauftragt werden. Ist dies bei Rechtsanwälten noch soweit unproblematisch, kann dies bei Steuerberatern durchaus die Grenze des Zulässigen überschreiten. Dies zeigt exemplarisch ein am 22. Oktober 2024 durch das OLG Karlsruhe entschiedener Fall (Az. 14 U 194/23).
Hintergrund des Falls
Ein Steuerberater hatte für ein Ehepaar, das er bereits seit Jahren steuerlich betreute und das sich in Trennung befand, unentgeltlich eine Trennungsfolgevereinbarung entworfen, die dann durch einen Notar in Basel beurkundet wurde. Die Rechtsanwaltskammer Freiburg erhob daraufhin Klage auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und argumentierte, dass der Steuerberater mit dieser Tätigkeit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen habe.
Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz durch Entwurfserstellung
Das OLG Karlsruhe bestätigte die Ansicht der Rechtsanwaltskammer Freiburg und stellte fest, dass der Steuerberater unbefugt eine Rechtsdienstleistung erbracht habe. Gemäß § 3 RDG sei die Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur zulässig, wenn sie durch das RDG oder durch andere Gesetze erlaubt werde. § 3 S. 1 Nr. 1 StBerG erlaube Steuerberatern allerdings nur die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen. Das Gericht betonte, dass die Erstellung eines Ehevertrags mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen, wie dem Verzicht auf Trennungsunterhalt, eine Tätigkeit darstellt, die über die Hilfeleistung in Steuersachen hinausgehe und daher ausschließlich Rechtsanwälten vorbehalten sei.
Zudem hob das Gericht hervor, dass keine erlaubte unentgeltliche Rechtsdienstleistung im Sinne von § 6 Abs. 1 RDG vorliege, da die Entwurfserstellung durch Berücksichtigung etwaiger Splittingvorteile im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit als Steuerberater stand.
Schließlich war die Rechtsdienstleistung durch den Beklagten gemäß § 4 Satz 1 RDG auch deswegen unzulässig, da eine Interessenkollision vorlag. Der Entwurf der Trennungsfolgevereinbarung nehme unmittelbar gestaltenden Einfluss auf den Inhalt der bereits begründeten Hauptleistungspflichten gegenüber den Eheleuten, die beide durch den Beklagten beraten wurden. Dass dabei offensichtlich widerstreitende Interessen der Eheleute im Raum standen, lag auf der Hand. Neben verschiedenen anderen Verzichtsvereinbarungen enthielt der geschlossenen Vertrag unter anderem einen Verzicht der Eheleute auf Trennungsunterhalt. Soweit sich ein solcher Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt beziehe, sei dieser gemäß §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 BGB i. V. m § 1614 BGB unwirksam und daher nach § 134 BGB nichtig. Diese Regelung verstoße damit ersichtlich gegen das Interesse (mindestens) einer der beiden Parteien.
Reaktionen auf das Urteil
Die Rechtsanwaltskammer Freiburg begrüßte das Urteil und sieht darin eine Bestätigung ihrer Auffassung, dass Steuerberater zum Schutz der Rechtsuchenden und im Sinne der Wahrung der Berufsgrenzen zwischen Steuerberatern und Rechtsanwälten nicht befugt sind, in familienrechtlichen Angelegenheiten rechtliche Beratungen oder Vertragsgestaltungen vorzunehmen. Bei Steuerberatern könnte die Entscheidung dagegen zu einer Einschränkung ihrer Tätigkeit führen, da in der Praxis steuerliche und rechtliche Aspekte häufig eng miteinander verknüpft sind.
Fazit
Das Urteil des OLG Karlsruhe setzt einen klaren Maßstab für die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Steuerberatern und Rechtsanwälten. Es unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes und dient dem Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen. Gleichzeitig fordert es die betroffenen Berufsgruppen auf, ihre Zusammenarbeit zum Wohle der Mandanten zu intensivieren. Dabei sollte in der Regel der zur Beurkundung vorgesehene Notar den Entwurf erstellen oder zumindest in die Erstellung beratend miteinbezogen werden. Der zu beurteilende Sachverhalt zeigt aber auch, dass eine Beurkundung im Ausland gerade in Fällen einer suboptimalen Vertragsvorbereitung nicht geeignet ist, rechtliche Schwächen eines Entwurfes auszugleichen.
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